Hoyerswerda, den 08. November 2021. „Neue Sichten für Hoyerswerda“ ist der Titel der Sonderausstellung, die am 15. November 2021 im Schloss & Stadtmuseum eröffnet wird. Gezeigt werden beeindruckende Aufnahmen, die jede für sich und durch die Zusammenstellung spannende Geschichten erzählen – festgehalten von Mitgliedern des Hoyerswerdaer Fotostammtisches. Die Vernissage beginnt um 17 Uhr. Die Ausstellung ist dann bis Ende Januar zu den Öffnungszeiten des Stadtmuseums im Schloss Hoyerswerda zu sehen.
Menschen im In- und Ausland assoziieren Hoyerswerda oft mit Neonazis und den Pogromen von 1991 oder in jüngerer Zeit mit dem Schrumpfen der Stadt durch das Einbrechen der Braunkohleindustrie und dem Abriss der Plattenbauten. „Auch wenn hinter all dem reale Probleme stehen, schienen sie uns zu vereinfacht erzählt“, schildern die Fotografen Frieder Bickhardt und Rafael von Brix vom Fotokollektiv unofficial.pictures aus Leipzig ihren Eindruck von einer Diskrepanz zwischen dem Medienbild und der Realität vor Ort. Sie entwickelten daher im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem langjährigen Leiter des Fotostammtisches Peter Radke und in Kooperation mit der Kulturfabrik Hoyerswerda ein Projekt, dem sich neun Teilnehmer*innen des Fotostammtischs schnell anschlossen. Am Anfang stand, gemeinsam mit der Geographin Beata Zschieschang, ein reger Austausch über die Trennung der Stadt durch die Elster, die jeweiligen Identitäten auf beiden Seiten und der „Hoyerswerdschen“ insgesamt. Alle Teilnehmer*innen fanden ein für sich interessantes eigenes Thema unter dem Obertitel „Neue Sichten für Hoyerswerda“. In den folgenden Wochen und Monaten entwickelten sie jeweils eine eigene fotografische Herangehensweise, eine eigene Sicht für Hoyerswerda. Man traf sich regelmäßig, mit dem Lockdown im November sehr schnell nur noch digital, was dem Austausch und den ausführlichen Bildbesprechungen indes nicht im Weg stand. Nach mehr als einem Jahr steht nun die Ausstellung im Schloss mit sieben Arbeiten.
Im Saal im Erdgeschoss zeigt Andreas Gebauer „Hoywoys tierische Seite“ – im Zoo schuf er wirkliche Charakterportraits der Tiere, die Plastiken der Anlage ergänzen dabei das Bild und verweisen auf die Geschichte des Zoos. Alle anderen Arbeiten sind in den Räumen der Sonderausstellung im 2. Obergeschoss zu sehen. Der erste Raum lädt ein mit einer persönlichen Arbeit von Günther Hertwig: „Wir haben rüber gemacht“. Aus der gemeinsamen Betrachtung der großen Deutschlandkarte und einer Slideshow mit Familienbildern erschließt sich, dass hier erzählt wird, „wie aus Wessis Ossis wurden“. Dem gegenüber stehen die Lichtmalereien von Tobias Reißbach und Mike Meier. Mit Langzeitbelichtungen bei Nacht und komplexen Bewegungen mitgebrachter Lampen haben sie Farbe an Stadtbekannte Orte gebracht und zeigen sie so wortwörtlich „Im eigenem Licht“. Den nächsten Raum füllt die Arbeit „Hoyerswerda im Wandel“ von Eberhard Rosenberg und Georg Vesper. Sie haben Zeitungsfotos von Uwe Schulz, größtenteils aus den 90er Jahren, und eigene Bilder aus dieser Zeit als Ausgangspunkt genommen, um im Vergleich mit aktuellen eigenen Aufnahmen zu zeigen, wie sich in Hoyerswerda seitdem die Architektur und damit das Stadtbild grundlegend verändert hat. Einen Raum weiter fällt der Blick auf die Arbeit von Karena und Andreas Pelz. Sie haben den Knappensee „im Dornröschenschlaf“ dokumentiert und thematisieren in ihren durchkomponierten Landschaftsbildern auch die Versuche, ihn wieder zugänglich zu machen und die dabei aufgetretenen Rückschläge. Direkt gegenüber hängen bisher unveröffentlichte Fotos von Peter Radke. Als aktives Mitglied der Kufa dokumentierte er mit großer Begeisterung über acht bis zehn Jahre Veranstaltungen des Projekts „Eine Stadt tanzt“ unter der Leitung von Dirk Lienig. Unter den Farbaufnahmen mit opulenten Bühnenbildern zeigt er in schwarz-weiß präzise beobachtete Portraits der vielfältigen Teilnehmenden an dem Projekt. Im letzten – oder für alle Fahrstuhlfahrenden ersten – Raum zeigen schließlich die Bilder von Gerd Döring die verschiedenen Ortsteile von Hoyerswerda als „Lebendige Bestandteile der Stadt“. Seine Aufnahmen aus verschiedenen Jahreszeiten überraschen mit vielen dörflichen aber auch post-industriellen Ansichten, die so gar nichts mit dem allgemeinen Bild von Hoyerswerda gemein haben, und die teilweise sicher auch für die Menschen aus Hoyerswerda neu sind. Für alle Arbeiten haben die Fotografierenden gemeinsam mit unofficial.pictures eine ganz eigene Präsentationsform gefunden, die zu den jeweiligen Bildern und Aussagen passt. Finanziell ermöglicht wurde das Projekt schließlich durch zwei Förderungen der Kulturstiftung Sachsen und der Cellex Stiftung.
Alle Projekte könnten auch für sich stehen, aber erst zusammen schaffen sie es, „Neue Sichten für Hoyerswerda“ zu entwerfen.